Bewerbung als Bürgermeister für Frechen

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger von Frechen,

ich bewerbe mich bei Ihnen um Ihre Stimme für das Amt des Bürgermeisters.

Zunächst zu meiner Person:
Ich bin 52 Jahre alt, mit 6 Jahren erstmalig in den damaligen Erftkreis gezogen und habe 1987 in Bergheim Abitur gemacht. 1993 schloss ich mein Studium der Mathematik in Bonn mit Diplom ab und bin seitdem als IT-Spezialist und Software-Entwickler im Banken- und Versicherungsbereich tätig. Vor 11 Jahren bin ich mit meinem Mann aus Köln nach Frechen-Königsdorf gezogen. Schon von früh auf erschien mir eine Gesellschaft, die auf Gemeinwohl, Solidarität, Gleichheit und gerechter Verteilung gründet, erstrebenswerter als eine Klassengesellschaft, in der soziale Herkunft, Eigentum und Kontostand darüber entscheiden, ob man ein erfülltes Leben leben kann oder nicht. Bei meiner früheren Tätigkeit bei einer Bank war ich dort mehrere Jahre lang Betriebsratsmitglied. Im Jahr 2007 bin ich Gründungsmitglied der LINKEN in Köln geworden und seit 2009 bin ich nun hier in Rhein-Erft politisch aktiv. Hier war ich ein paar Jahre im Kreisvorstand, und bin nun seit mehreren Jahren Sprecher des Frechener Vorstands und Vertreter unserer Fraktion im Jugendhilfeausschuss. Ich bin Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

In meiner Freizeit koche und esse ich gerne tier- und klimafreundlich, also vegan, und toure gerne mit dem Mountainbike durch die Wälder in den per Bahn erreichbaren Mittelgebirgsregionen, vor allem in der Rureifel.

Nun zur Politik in Frechen:
Als Opposition in Frechen haben wir erlebt, wie die Spitzen der Verwaltung ihre Aufgaben vernachlässigen und Projekte für nicht umsetzbar erklären, die das Leben einer großen Mehrheit der Menschen in dieser Stadt verbessern würden.

Als ein Beispiel sei die Wohnungsaufsicht genannt, die der Stadt laut Gesetz obliegt, von ihr aber bisher schlicht nicht in wirksamer Form wahrgenommen wird. Ein weiteres ist eine Wohnraumsatzung, mit der jahrelanger Leerstand vermietbarer Wohnungen verhindert werden könnte, die aber mit Verweis auf das selbst herbeigeführte Nicht-Wissen über die Wohnungssituation in Frechen abgelehnt wird.

Noch ein Beispiel von vielen ist die Gesamtschule (alternativ Sekundarschule), die Schülerinnen und Schülern wesentlich bessere Perspektiven bietet als das Auslaufmodell Hauptschule und anders als die Realschule auch die Option eines Abiturs und anschließenden Studiums offen hält. Mittels eines Verfahrenstricks hat die Verwaltungsspitze hier bei den Eltern eine viel niedrigere Nachfrage ermittelt, als sie tatsächlich besteht und damit diese beliebte Schulform für Frechen erfolgreich torpediert. Somit werden in Frechen anders als in all seinen Nachbarstädten weiterhin Jahr für Jahr Schülerinnen und Schüler um Chancen gebracht, die sie mit einer Gesamtschule hätten – auch ein echter Standortnachteil, der Frechen unattraktiver für Familien mit Kindern macht.

Unsere Fraktion hat auch schon lange vor dem sogenannten Kohlekompromiss darauf hingewiesen, dass der Kohleausstieg und damit der Strukturwandel unausweichlich kommen wird. Eine von uns geforderte eigene Stabsstelle für die aktive Begleitung dieses Wandels wurde jedoch nicht genehmigt.

Aus den genannten Beispielen lässt sich schon ersehen, was ich als Bürgermeister von Frechen und damit als Chef der Frechener Stadtverwaltung ändern möchte:
Ich möchte die Verwaltung in die Lage versetzen, Vorschläge für Projekte zu erarbeiten, die Frechen ökologischen und sozialen Fortschritt bringen. Dazu muss nötigenfalls auch die Personaldecke der Verwaltung ausgebaut werden. Ich möchte als Bürgermeister darauf hinwirken, dass Frechen für alle seine Bürgerinnen und Bürger eine möglichst lebenswerte Stadt ist, auch für diejenigen, die in ihren finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt sind.

In Frechen wächst jedes sechste Kind in sogenannter relativer Armut auf und die bisherige Bundespolitik wird nicht verhindern, dass auch hier die Altersarmut weiter zunimmt. Mir ist im Zweifel wichtiger, dass kein Kind in Frechen hungrig im Schulunterricht sitzen muss und dass keine Seniorin mit Armutsrente in ihrer Wohnung vereinsamt. Überhaupt nicht wichtig ist mir, dass in Zeiten der Klimakrise bei jedem neuen Bauprojekt möglichst viele Parkplätze für immer größere PKW geschaffen werden.

Für uns LINKE hat das Thema Klima- und Umweltschutz neben der sozialen Gerechtigkeit ohnehin höchste Priorität, denn ohne den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ist alles andere nichts. Der Sprecher unserer Kreistagsfraktion, Hans Decruppe, und unser Sprecher im Regionalrat, Peter Singer, haben schon 2012 die erste von drei hochkarätig besetzte Konferenzen zum Kohleausstieg im Kreishaus mitveranstaltet. Noch Jahre später waren die Grünen in einer rot-grünen Landesregierung bereit, für eine marginale Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler den Rest des Hambacher Forsts zu opfern und von den Grünen im Kreis und in Frechen war zu diesem Thema noch gar nichts zu hören.

Aber bei alledem verlieren wir das Thema der sozialen Gerechtigkeit nicht aus dem Blick: Für die Kosten der Umwandlung zu einer klimaneutralen Gesellschaft müssen vor allem die aufkommen, die in der Vergangenheit von der Belastung der natürlichen Ressourcen profitiert haben. Der Papst beweist, dass man nicht einmal explizit links sein muss, um zu erkennen, dass sozialer und ökologischer Wandel zusammen gedacht werden müssen:

„Die menschliche Umwelt und die natürliche Umwelt verschlechtern sich gemeinsam, und wir werden die Umweltzerstörung nicht sachgemäß angehen können, wenn wir nicht auf Ursachen achten, die mit dem Niedergang auf menschlicher und sozialer Ebene zusammenhängen."
(Papst Franziskus, Enzyklika „Laudato Si“, V, 48)

Bevor ich meine Vorschläge für Frechen unterbreite, möchte ich kurz auf das Thema Finanzen eingehen, denn das erste Argument gegen Verbesserungen lautet immer: „Dafür ist kein Geld da.“ Nun werden leider Jahr für Jahr Milliarden vom Staat verschenkt, nämlich in Form viel zu niedriger bzw. nicht erhobener Steuern auf Millionen-Erbschaften und -Vermögen. Genau diese Steuern kämen den Bundesländern und damit auch den Kommunen zugute. Daran sieht man: Wie gut und in welchem Maße die Städte etwas für ihre Bürgerinnen und Bürger leisten können, ist in einem reichen Land wie dem unseren in Wahrheit keine Frage des Geldes, sondern eine des politischen Willens. Es mutet daher absurd an, wenn z.B. die CDU-Fraktion einen Antrag auf Abschaffung der Kita-Elternbeiträge mit Bedauern ablehnt, weil dafür das Geld nicht reiche, obwohl es genau ihre Partei ist, die in Berlin dafür sorgt, dass es nicht reicht.

Da außer uns auch SPD und Grüne sich für eine Millionärssteuer aussprechen, besteht Hoffnung, dass sich nach der nächsten Bundestagswahl eine rot-rot-grüne Bundesregierung bildet und diese auch für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen sorgt. Aber auch bis dahin sucht unsere Fraktion schon die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen im Rat, um auch bei den jetzt vorhandenen städtischen Mitteln eine Umgewichtung vorzunehmen, die soziale und ökologische Belange stärker berücksichtigt als Einzelinteressen. Zudem verbessert einer meiner Vorschläge auch die Einnahmeseite der Stadt.

Im Folgenden nun also ein paar Ideen, die letztlich vom Rat beschlossen werden müssten, für die ich als Bürgermeister aber mein ganzes politisches Gewicht einbringen würde, das mit diesem Amt verbunden ist:

  • Bildungswende: Die Hauptschule auslaufen lassen und dafür endlich eine Gesamtschule oder zumindest eine Sekundarschule (entspricht einer Gesamtschule ohne eigene Oberstufe und darf drei- statt vierzügig sein) für Frechen einrichten! Realschule und Gymnasium würden deutlich entlastet.
     
  • Bei allen ganztägigen Schul- und Betreuungsangeboten der Stadt muss es eine kostenlose, sättigende und gesundheitsförderliche Essensverpflegung geben.
     
  • Mobilitätswende: Bei allen Straßenprojekten müssen klimafreundliche Fortbewegungsarten (zu Fuß, mit dem Fahrrad, Bus und Bahn) Vorrang vor klimaschädlichem Individualverkehr haben.
     
  • Öffentlicher Parkraum für private PKWs muss flächendeckend gebührenpflichtig werden, mit günstigen Konditionen für Anwohner_innen (Anwohnerparken) und weiterhin kostenlosen Behinderten-Parkplätzen.

    Update 22.8.2020: Die flächendeckende Gebührenpflichtigkeit ergibt eher dort Sinn, wo nicht fast ausschließlich Anwohner_innen parken. In reinen Wohngebieten könnte die Umstellung auf Gebührenpflicht und die damit einhergehende Aufstellung und Wartung von Parkscheinautomaten eventuell mehr Kosten verursachen, als an Gebühren für Parkscheine hereinkäme. In dem Fall wäre davon natürlich abzusehen.
    Außerdem muss für die Bürger_innen und Bürger in den weiter außen liegenden Stadtteilen wie Grefrath, Habbelrath und Königsdorf natürlich eine gute Mobilitätsalternative zum eigenen Auto angeboten werden. Ich könnte mir hier eine Shuttle-Bus-Linie vorstellen, die solche Stadtteile in kurzen Takten mit der Innenstadt verbindet.
     
  • Frechens Straßen müssen fahrradfreundlicher werden, in der Fußgängerzone muss umsichtiges und rücksichtsvolles Radfahren im Schritttempo zu jeder Tageszeit erlaubt werden. An zentralen Stellen sollen öffentliche, kostenlose Ladestationen für E-Bikes eingerichtet werden.

    Update 22.8.2020: Erste öffentliche und kostenlose Ladestationen für E-Bikes gibt es in Frechen inzwischen, wenn auch nicht unbedingt an den günstigsten Stellen. Außerdem liegt inzwischen ein sehr gutes Konzept der Verwaltung zur fahrradfreundlichen Umgestaltung der Innenstadt mittels Fahrradstraßen vor. Dieses Konzept gilt es nun seitens der Politik zügig in die Realität umzusetzen.
     
  • Barrierefreiheit: Viel zu viele Verwaltungsbüros und städtische Einrichtungen sind für Menschen mit Einschränkungen kaum erreichbar. Das muss sich dringend ändern.
     
  • Familien entlasten: Abschaffung der Kita-Elternbeiträge für Über-Dreijährige.
     
  • Wohnungsmarkt entlasten: Mit einer Wohnraumsatzung kann jahrelanger Leerstand von vermietbaren Wohnungen unterbunden werden. Die tageweise Vermietung über AirBnB und ähnliche Portale an Touristen und Messegäste kann damit streng reguliert werden.
     
  • Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, die öffentlich geförderte Wohnungen in Frechen plant und baut, sorgt damit für weiterhin bezahlbaren Wohnraum.
     
  • Zivilgesellschaft und Miteinander fördern: Frechen fehlt ein Bürger_innenzentrum für Treffs von Gruppen und Vereinen und für kulturelle und soziale Veranstaltungen, vergleichbar z.B. dem soziokulturellen Zentrum in Horrem. Damit gäbe es z.B. einen zentralen Ort für Seniorentreffs. Ein solches ist zu planen und einzurichten. Es könnte z.B. geprüft werden, ob sich die alte Feuerwache entsprechend umbauen und umnutzen lässt, statt sie privaten Investoren zu überlassen.
     
  • Strukturwandel und Energiewende aktiv ökologisch und sozial gestalten, statt sich von Energieriesen abhängig machen. Solarpaneele auf alle geeigneten städtischen Gebäude!
     
  • Bessere Kontrollstrukturen in der Verwaltung zur Verhinderung von Korruptionsmöglichkeiten, wenn nötig mit mehr Stellen.

Für Fragen und Anmerkungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Hauke Dressel

hauke.dressel@dielinke-frechen.de