Position der Linksfraktion im Frechner Rat zum Haushalt 2017

In der Ratssitzung vom 14.5. wurde der Haushalt 2017 beschlossen. Die Position der Linksfraktion im Frechener Rat hat deren Vorsitzender, Jürgen Ulbricht, in seiner Haushaltsrede dargelegt, deren Wortlaut Sie hier nachlesen können:

Haushaltsrede für 2017
(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Anwesende,

Die Linke. möchte mit der Frage beginnen:
In welcher Stadt leben wir?

Ist es eine Stadt, die die wirtschaftlich Stärkeren besonders anzieht, weil sie dort vorrangig berücksichtigt werden oder ist es eine, in der auch die wirtschaftlich „abgehängten“ Bürgerinnen und Bürger sich wohlfühlen, weil sie dort angemessen leben können?

Das erstere scheint eher der Fall zu sein. Denn nicht umsonst wurde die Grundsteuer B, die die wirtschaftlich Schwächsten am heftigsten trifft, erstmals so erhöht, dass sie den Hebesatz der Gewerbesteuer, die nur gut verdienende Gewerbetreibende zahlen müssen, übertrifft. Ob es ein gangbarer Weg ist, Grundsteuern zu erhöhen, um Haushaltslöcher zu stopfen, scheint fraglich. Wir schlagen vor, damit aufzuhören und darauf hinzuwirken, dass die Grundsteuer wieder unter das Niveau der Gewerbesteuer sinkt. Entweder durch sofortige Senkung der Grundsteuer oder durch Erhöhung der Gewerbesteuer.

Das gilt ebenso für Gebühren von Einrichtungen wie Stadtbücherei, Musikschule oder VHS, die alle Bürger zu tragen haben.  Die Gebühren z.B. für die Stadtbücherei steigen von 15 € auf 17 € um ganze 2 €. Das erscheint überschaubar niedrig. Und trotzdem  besteht auch hier gegenüber der Steigerung der Gewerbesteuer von knapp 9% eine Steigerung von über 13%.
Vielleicht müsste hier grundsätzlich ein Umdenken stattfinden. Um ein Umdenken zu erleichtern, wäre es vielleicht  wichtig von einer angespannten zu einer positiven Haushaltsstimmung zu kommen. Es sollte aufgehört werden, immer wieder zu suggerieren, dass das Damoklesschwert „Haushaltssicherungskonzept“ oder Schlimmeres über uns schwebt, so lange der Widerspruch von RWE über einen Gewerbesteuerbescheid nicht abgeschlossen ist. Dieses Thema könnte bei entschlossenerem Handeln der Stadt schon längst erledigt sein.
Wenn sie zum Beispiel von ihrem Recht zur Akteneinsicht Gebrauch machen würde. Dort könnte dann erkannt werden, wie der Widerspruch begründet wurde oder ob überhaupt noch keine Begründung vorliegt. Damit hat RWE nämlich unbefristet Zeit. Und falls dem so ist, müsste eine Entscheidung nach Aktenlage eingefordert werden. Entweder ist die Sache dann vom Tisch oder man weiß wenigstens, was konkret auf uns zukommt. Darüber hinaus sollte immer vor Augen geführt werden, wie gut es der Stadt geht. Es gibt immer noch mehr Einnahmen als Ausgaben. Es liegt nur an Abschreibungen, dass die Erträge von den Aufwendungen überholt werden. Nach der früheren Kameralistik wäre der Haushalt im positiven Bereich. Auch das vielleicht eine kleine Stimmungsaufhellung. Zumal die Stadt ohnehin bei rückläufiger Verschuldung mit an der Spitze der Kommunen des Rhein-Erft-Kreises steht. Ende 2015 je Einwohner eine Verschuldung von 916 € liegt jedenfalls weit unter dem Durchschnitt in NRW.

Für die Zukunft sollten natürlich auch wieder Rücklagen gebildet werden. Vielleicht verbunden mit dem Bau von dringend benötigten Sozialwohnungen. Eventuell auf eigene Faust ohne GWG im Rücken. Hier dürften Kommunalkredite  zu einem Zinssatz von unter 1 % bei 10jähriger Festschreibung erhältlich sein. Bei Immobilien wird mit einer durchschnittlichen Preissteigerung von jährlich ca. 3% gerechnet. Nach Expertenmeinung sollen diese Preissteigerungen noch lange anhalten. Würden jetzt Häuser mit Sozialwohnungen errichtet, stünden nach 10 Jahren ca. 10% Kreditzinsen ca. 30% Wertsteigerungen gegenüber. Eventuell kämen auch noch Tilgungsnachlässe und sonstige Fördermittel dazu. Damit könnten dann Abschreibungen und  Eigenkapitaleinsatz abgedeckt werden. Wäre Mut zur Zukunft hier nicht aussichtsreich angelegt?

Aber nicht nur Geld spielt eine Rolle! Politische Entscheidungen sind auch ohne Kapitaleinsatz möglich. Leider auch schlechte Politik. Z.B. bei der Kinder- und Jugendförderung. Einen freien Jugendhilfeträger mit fadenscheinigen Begründungen aus der Kinder- und Jugendarbeit zu drängen, sehen wir als Skandal. Hier besteht im Sinne einer funktionierenden Kinder- und Jugendarbeit dringend Nachholbedarf! Hoffentlich müssen dafür keine Gerichte bemüht werden!
Wie dargestellt ist nach unserer Meinung  ein grundsätzliches Umdenken auch in der Haushaltspolitik hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit erforderlich. Daher werden wir dem Haushalt auch diesmal nicht zustimmen können.

Vielen Dank fürs aufmerksame Zuhören.